Ernährung bei Demenz

Derzeit leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung [1]. Sie gehört zu den häufigsten Krankheitssyndromen im Alter. Demenz ist dabei ein Oberbegriff für verschiedene Krankheitsbilder, die mit einem Verlust von kognitiven – also geistigen – Funktionen einhergehen. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen leiden an Alzheimer-Demenz, einer irreversibel verlaufenden Demenz. Doch auch andere Formen wie die gefäßbedingte (vaskuläre) Demenz und die Parkinson-Demenz, die seltener vorkommen, erschweren den Betroffenen den Alltag. Die Erkrankten – häufig ältere Personen – verlieren nach und nach nicht nur ihre geistigen Fähigkeiten, sondern die Demenz beeinträchtigt auch ihr Verhalten, ihr Erleben und ihre Wahrnehmung. Besonders auffällig dabei: Viele Betroffene vergessen oder verweigern die Nahrungsaufnahme. Ein ungewollter Gewichtsverlust ist die Folge. Im Vergleich zu Gleichaltrigen sind Menschen mit Demenz daher auch vier Mal so häufig mangelernährt. Es tritt eine Unterversorgung mit Nährstoffen auf, die gravierende Folgen haben kann. Doch es gibt Lösungen mit denen starkes Untergewicht vermieden werden kann.



Erst kaufen Erkrankte falsche Lebensmittel ein, im nächsten Schritt verlernen sie, wie sie sich ihr Essen zubereiten. Das Risiko für einen Gewichtsverlust oder sogar eine Unterernährung steigen linear zum Fortschreiten der Krankheit immer weiter an. Da die Betroffenen nach und nach die Fähigkeit verlieren, sich selbst zu versorgen, sind sie auf die Hilfe von Angehörigen und Pflegekräften angewiesen. Diese müssen wiederum viel Zeit, Geduld und Einfühlungsvermögen im Umgang mit den Erkrankten aufbringen, um sie zum Essen und Trinken zu motivieren.



Verändertes Geschmacksempfinden

Oft verweigern Demenzpatienten die angebotene Nahrung, weil die Erkrankung ihre Wahrnehmung stark beeinflusst. Zum einen können sie Lebensmittel oft nicht mehr als solche erkennen. Zum anderen schmecken ihnen die Speisen in vielen Fällen nicht mehr, da sich das Geschmacksempfinden im Alter verändert oder sie schlichtweg keinen Appetit haben. Besonders bittere Nahrungsmittel sollten vermieden werden, da diese von den Erkrankten mit Gift assoziiert werden. Hier machen sich die Instinkte der Menschen bemerkbar, die sich mit Fortschreiten der Krankheit immer mehr durchsetzen. Um trotz der veränderten Wahrnehmung einem ungewollten Gewichtsverlust vorzubeugen, bieten sich süße Speisen an. Denn Süße kann von den Betroffenen weiterhin gut wahrgenommen werden.



Essgewohnheiten übernehmen

Ebenfalls sehr beliebt bei Demenzerkrankten sind bekannte Gerichte, die sie schon seit vielen Jahren kennen. Farblich ansprechende Gerichte regen zusätzlich den Appetit an. Generell sollte auf die Vorlieben der Betroffenen Rücksicht genommen werden. Um festzustellen, welche Speisen die Erkrankten in der Vergangenheit gern zu sich genommen haben, bietet sich die Erstellung von Essbiografien an. Grundsätzlich sollte die ausreichende Nährstoffaufnahme und Flüssigkeitszufuhr im Mittelpunkt der Ernährung stehen, um so eine Mangelernährung zu vermeiden.



Erhöhter Eiweiß- und Kalorienbedarf

Viele Demenzkranke sind von einer inneren Unruhe getrieben. Während der Mahlzeiten verlassen sie beispielsweise gern den Tisch, da sie sich schnell von äußeren Reizen, wie Lärm und Hektik ablenken lassen. Stereotype Bewegungen wie Aufstehen, Hinsetzen und das Verschieben von Mobiliar verbrauchen enorm viel Energie, was einen weiteren Gewichtsverlust zusätzlich begünstigt. Dadurch benötigen Demenzpatienten mit einem hohen Bewegungsdrang bis zu 4.000 Kalorien am Tag, während ältere, gesunde Menschen einen Energiebedarf von nur 1.800 Kalorien haben [2]. Um den hohen Eiweiß- und Kalorienbedarf zu decken, bietet es sich an, mundgerechte Snacks, wie Apfelstücke oder kleine Sandwiches, in Schalen aufzustellen. So haben die Betroffenen die Möglichkeit zu essen, während sie sich bewegen. Diese Methode heißt daher auch „Eat-by-walking“.



Essen als Genusserlebnis

Am besten ist die Einnahme der Mahlzeiten zu festgelegten Zeiten sowie in Gesellschaft. In einer angenehmen, ruhigen und zwanglosen Atmosphäre ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Erkrankte die Nahrung verweigern. Außerdem können Patienten die Bewegungsabläufe der anderen Personen am Tisch nachahmen. Die Tatsache, das Essen nicht nur ein Energielieferant, sondern auch ein wichtiges Genusserlebnis ist, sollte nicht außer Acht gelassen werden. Beim Essen werden alle Sinne angesprochen. Demenzerkrankte hören das Klappern von Geschirr, erkennen den Geruch von Kaffee, schmecken herzhafte Gerichte und fühlen die Konsistenz und Temperatur der Speisen. Diese Sinne bleiben Betroffenen bis zuletzt erhalten – wenn auch weniger ausgeprägt als bei gesunden Menschen.



Gewichtszunahme unterstützen

Wenn Demenzkranke trotz aller Bemühungen weiterhin an Gewicht verlieren, empfiehlt es sich auf hochkalorische Trinknahrung zurückzugreifen um die Ernährungsdefizite auszugleichen, den ungewollten Gewichtsverlust zu stabilisieren oder eine Gewichtszunahme zu unterstützen. Trinknahrung kann als Zwischenmahlzeit angeboten, oder auch in die Speisen eingerührt werden. Leiden Demenzpatienten unter Schluckbeschwerden (Dysphagie), sollten Angehörige Flüssigkeiten mit Trinknahrung verdicken, damit Patienten sich nicht so leicht verschlucken. Trinknahrung ist in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich und kann vom Hausarzt verschrieben werden. In jedem Fall sollte Trinknahrung nur in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.



[1] Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.
[2] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.





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Häufige Fragen zum Thema Trinknahrung

Was sind die Ursachen von Mangelernährung?

Die Gründe für Mangelernährung sind vielfältig. Sie kann einerseits durch ein falsches Ernährungsverhalten oder chronische Erkrankungen wie Krebs ausgelöst werden. Andererseits können auch Erkrankungen, wie zum Beispiel Demenz oder gesellschaftliche und finanzielle Faktoren, zu Mangelernährung führen.

Woran erkenne ich eine Mangelernährung?

Eines der wichtigsten Anzeichen für eine Mangelernährung ist die ungewollte Gewichtsabnahme, die sich häufig an knochigen Fingern und Händen sowie einem eingefallenen Gesicht bemerkbar macht. Weitere sichtbare Symptome sind glanzlose Haare und brüchige Fingernägel. Außerdem weisen körperliche Schwäche, Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Appetitlosigkeit auf eine Unterversorgung mit Nährstoffen hin. Häufig werden diese Symptome fälschlicherweise dem hohen Alter des Patienten zugeschrieben. Wenden Sie sich im Zweifel an Ihren Arzt, um die Ursache und die Behandlung abzuklären.

Wie kann ich Mangelernährung vorbeugen?

Sie können einer Mangelernährung vorbeugen, indem Sie sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren und besonders auf einen hohen Nährstoffgehalt der Lebensmittel achten. Darum sollten Gemüse, Obst, Vollkornerzeugnisse, Hülsenfrüchte, fettarme Milchprodukte, fettarmes Fleisch und Fisch regelmäßig auf Ihrem Speiseplan stehen. Wenn Sie bereits untergewichtig sind, muss der Kaloriengehalt der Nahrung beispielsweise durch fettreiche Milchprodukte, Nüsse und Öle erhöht werden. Ergänzend können Sie nach Absprache mit Ihrem Arzt auf Trinknahrung zurückgreifen.

Welche Folgen hat eine chronische Mangelernährung?

Chronische Mangelernährung kann, neben einem allgemeinen Schwächegefühl, zu zahlreichen körperlichen Beeinträchtigungen führen. Langfristig belastet Mangelernährung das Immunsystem und stört die Funktion von inneren Organen wie Herz und Lunge. Außerdem erhöht eine nicht erkannte Mangelernährung das Sterblichkeitsrisiko – gerade bei Senioren.

Wie verläuft die Behandlung beim Arzt?

Bei Verdacht auf Mangelernährung wird sich Ihr Arzt nach Möglichkeit ausführlich mit Ihnen über Ihre Ernährungsgewohnheiten unterhalten. Vor allem bestehenden Beschwerden, Erkrankungen sowie Ihrer sozialen Situation wird er dabei wahrscheinlich besonders Aufmerksamkeit schenken (Anamnese).

Wird die Behandlung von der Krankenkasse übernommen?

Ja. Wenn der behandelnde Arzt eine Mangelernährung feststellt und eine ambulante Ernährungstherapie verschreibt, übernehmen die meisten Krankenkassen die Kosten für die Behandlung. Im Einzelfall sollten Sie Rücksprache mit Ihrer Krankenkasse halten.

Wo ist der Unterschied von Mangelernährung zu Untergewicht?

Bei Unterernährung, auch quantitative Mangelernährung genannt, nimmt der Betroffene insgesamt zu wenig Nahrung zu sich. Sein Körper wird langfristig nicht ausreichend mit lebensnotwendiger Energie und Nährstoffen versorgt. Die qualitative Mangelernährung hingegen ist eine Form der Fehlernährung. Der Körper nimmt genug Energie über die Nahrung auf, aber er wird nicht mit allen Nährstoffen in ausreichender Menge versorgt.